Leise schäumt das Jetzt #1

Tanz – und Musikperformance

Violine: Harald Kimmig
Akkordeon: Eva Zöllner
Tanz: Britta Lieberknecht, Lilo Stahl
Lichtimprovisation: Garlef Keßler
Fotos: Martin Miseré
Videodokumentation: Barbara Schröer
PR Design: Mira Savani Falkenberg, Frank Domahs

Die Performance Serie Leise schäumt das Jetzt zeigt in verschiedenen Formationen aus Musiker*innen und Tänzer*innen Echtzeit Kompositionen (auch genannt Instant Composition oder Sofortkomposition). Sie führen einen improvisierten Dialog von Tanz und Musik und entwickeln mit völliger Offenheit füreinander gemeinsam eine Komposition vor den Augen und Ohren des Publikums. Die Performer*innen stützen sich dabei auf langjährige Erfahrung mit dieser Aufführungsform und auf ihre herausragende Praxis als Solist*innen und Ensemblemitglieder. Das Publikum erlebt die Entstehung von feinfühligen und überraschenden Werken unmittelbar und erfährt die intuitive Kommunikation zwischen den Performer*innen ganz direkt. Hohe Musikalität und tänzerische Kreativität kennzeichnen die Tänzer*innen, die wie Stimmen einer musikalischen Komposition mit den Musiker*innen interagieren. Die Musiker*innen bewegen sich ihrerseits und tragen so zur Entstehung der poetischen Klang – und Bewegungslandschaften bei. Der Lichtdesigner Garlef Keßler improvisiert das Bühnenlicht als wichtigen Bestandteil des Werks.
Die Grenze zwischen Musik und Bewegung wird mit fließender Synergie aufgehoben.

In den Perfomances der Staffel 2024 (#1) traf das Duo Lilo Stahl (Tanz) und Harald Kimmig (Violine, Bewegung) auf das Duo Eva Zöllner (Akkordeon) und Britta Lieberknecht (Tanz). Das Gastduo aus Freiburg praktiziert und lehrt Instant Composition in langjähriger Zusammenarbeit, während Zöllner und Lieberknecht 2023 zusammenfanden. Das Ensemble begeisterte Publikum und Presse. Es verschmolz im Zusammenspiel mit Kimmig, der mit seinem Instrument tanzte, den Unterschied zwischen Musik – und Tanzensemble auf eindrückliche Weise.

Mittschnitt

Presse

Zitat

Und gleich mit der ersten von vier Sequenzen demonstriert das Quartett, welch frische, neue Situationen sich ergeben, wenn es gelingt, das konventionelle Bewegungsrepertoire auszuschalten…Ohne einen erzählerischen Ansatz bemühen zu müssen, kann sich die Faszination des Tanzes entfalten.

Ganze Kritik

Wie Elementarteilchen mit Mut zum Experiment
Britta Lieberknecht verlässt sich in ihrer Tanzproduktion
„Leise schäumt das jetzt“ auf Zufälle und die Kraft der Improvisation
Der Plan besteht darin, keinen Plan zu haben. Die gestaltende Hand auszuschalten, gehört zu den schwierigsten Herausforderungen der Tanzkunst. Britta Lieberknecht hat sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Lilo Stahl, der Akkordeonspielerin Eva Zöllner und dem Geiger Harald Kimmig angenommen. In der Tanzhalle der Alten Feuerwacheverlassen sich die vier ganz auf die unberechenbaren Zufälle der Improvisation.
Und gleich mit der ersten von vier Sequenzen demonstriert das Quartett, welch frische, neue Situationen sich ergeben, wenn es gelingt, das konventionelle Bewegungsrepertoire auszuschalten. Wie Elementarteilchen laufen die vier kreuz und quer durch den Raum. Das wirkt aber nicht disparat, sondern auf wundersame Weise reagiert man aufeinander. Dem Publikum eröffnet sich eine Art konstruktivistisches Gemälde in Bewegung.
Trefflich lässt sich beobachten wie Körper durch Bewegung einen Raum öffnen oder schließen. Ohne einen erzählerischen Ansatz bemühen zu müssen, kann sich die Faszination des Tanzes entfalten. Choreographie entsteht hierbei aufgrund der Versuchsanordnung, die überraschende Momente schafft. Es ergibt sich ein Spiel ohne Emotion, das allein durch seine Energie und Vielfalt fasziniert. Die Körper werden zu Zeichen.
Zur Bewegung kommt bald auch die Reaktion des Lichts (Garief Keßler), das reizvolle Schatten produziert, und vor allem die Akustik. Die Geige von Harald Kimmig und Eva Zöllners Akkordeon geben mit ihren improvisierten Klängen zunehmend die Richtung vor.
Dieses anspruchsvolle Niveau zu halten, ist schwierig, und streckenweise fällt man dann auch wieder in Bewegungssequenzen zurück, die Teil der allgemeinen Tanzsprache sind.
Mit dem Bekannten lässt sofort die Intensität nach. Das gehört zum Risiko dieses Experiments, das mit jeder Aufführung neue Konstellationen hervorbringt. Der Titel „Leise schäumt das Jetzt“ mag überpointiert wirken, aber die Bedeutung der unmittelbaren Gegenwart steht definitiv im Zentrum der Produktion.
Mit dem Finale nimmt das Quartett seine spontane Vielfalt dann wieder auf. Letztlich siegt der Mut des Experimentierens, mit dem ein ganz besonderes Tanzerlebnis realisiert werden konnte.

Zitat

„Von Anfang an spürt man die Erfahrung aller Beteiligten. Die Bewegungen wirken klar, unprätentiös, intuitiv. Die Musizierenden verschmelzen regelrecht mit ihren Instrumenten. Akkordeon und Geige werden zu verlängerten Armen und Beinen, spielen eine tragende Rollle.
…So deutlich die Geigentöne Kimmigs auf die schwerelos wirkenden filigranen Bewegungen Stahls treffen, so klar, kraftvoll und intuitiv wirkt die Kommunikation zwischen den tiefen Akkordeon-Klängen Zöllners und Lieberknechts konsequent entschiedener Bewegungspräsenz.“

Ganze Kritik

Klar, unprätentiös, intuitiv
In „Leise schäumt das jetzt“ von Britta Lieberknecht kollaborieren Körper und Instrumente in der Alten Feuerwache in Köln
Ein hellerleuchteter weißer Raum. Vier Akteurinnen mit und ohne Instrument erkunden ihn in großer Konzentration. Von Anfang an spürt man die Erfahrung aller Beteiligten. Die Bewegungen wirken klar, unprätentiös, intuitiv. Die Musizierenden verschmelzen regelrecht mit ihren Instrumenten. Akkordeon und Geige werden zu verlängerten Armen und Beinen, spielen eine tragende Rollle. Zusammen mit der Akkordeonistin Eva Zöllner, dem Violinisten Harald Kimmig und der Tänzerin Lilo Stahl entführt Britta Lieberknecht in ihrem neuen Projekt in eine Klangwelt voller Geschichten. Tanz und Musik begegnen sich in wechselnden Konstellationen, im Durcheinander, suchen passende Positionen. Entschlossenheit liegt in der Luft.
Töne werden langsam hörbar, erst leise, dann immer lauter. Die Tänzerinnen passen sich den schnell wechselnden Qualitäten der Klänge an. Klang und Körper, Musik und Bewegung werden eins.

Interdisziplinäre Konstellationen
Britta Lieberknecht hat sich als Tänzerin und Choreografin schon seit längerem auf die Interaktion von Tanz mit Neuer, Alter und improvisierter Musik spezialisiert. Ihr Werdegang ist ein Weltenwandern, durch und durch interdisziplinär: In den 70er Jahren studiert Lieberknecht zuerst an der Kunstakademie in Düsseldorf, danach zieht es sie an die Amsterdam Theaterschool mit Fokus auf Modernen Tanz. In Italien lernt sie Clownerie und vertieft sich in Commedia dell’Arte, diese Kunst des Körpertheaters im Spiel mit der Maske. Danach absolviert sie in New York eine Ausbildung an der Merce Cunningham School und zeigt eigene Solotanzstücke und Straßenperformances. Seither arbeitet Lieberknecht immer wieder in wechselnden interdisziplinären Konstellationen.
In „Leise schäumt das jetzt“ nimmt die Beziehung von Tanz und Musik immer neue Formen an. Körper und Instrumente kollaborieren vielschichtig, verhandeln mögliche Bezüge und Beziehungen: Man assoziiert Verzweiflung und Kampf, kurze Entspannung und die Suche nach Nähe, den Wunsch nach Distanz und die Wiederkehr vor dem Abschied. So deutlich die Geigentöne Kimmigs auf die schwerelos wirkenden filigranen Bewegungen Stahls treffen, so klar, kraftvoll und intuitiv wirkt die Kommunikation zwischen den tiefen Akkordeon-Klängen Zöllners und Lieberknechts konsequent entschiedener Bewegungspräsenz.

Zweisam einsam
Es geht um Intuition und Improvisation, um die Entstehung von Momenten. Der in der Ankündigung beschriebene „Verzicht auf einen vorgefassten Plan“ ist nicht immer nachvollziehbar. Die Bewegungen wirken mal geplant und dann wieder ganz aus dem Moment entsprungen. Und trotzdem gelingt es den Performenden, Geschichten zu erzählen. Das Lichtdesign (Garlef Keßler) wirft ein Schattenspiel an eine Wand. Wechselnde Farbnuancen eröffnen zusätzliche Erzählebenen.
Der Abend schließt mit einer Zusammenkunft der vier Performer*innen. Man geht in Kontakt, inspiriert sich gegenseitig. Die Tänzerinnen reagieren auf die kleinste Veränderung, die von den Instrumenten ausgeht. Dynamiken wechseln: Während Stahl sich in staccatohaften Rhythmen bewegt, vollzieht Lieberknecht langsame Bewegungen aus der Horizontale in die Vertikale, als würde sie dahinschmelzen.
Das Tempo steigert sich, wird schneller. Zweisam einsam im Wechsel der Gefühle.
Die Musik bäumt sich auf. Ein letzter heller Ton geht durch Mark und Bein. Eine letzte Bewegung, ein letztes Durchatmen. Dann ist Ruhe. „Leise schäumt das jetzt“ ist ein Abend, der nachwirkt und dabei trotzdem ein wenig das Gefühl hinterlässt, dass das noch nicht alles war, dass noch etwas kommen könnte. Doch das Stück bleibt ganz sich selbst genug.

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